Jugendstil, bäuerliche Kultur und eine kunstsinnige Äbtissin
Eine architektonische Rarität in Salzburg
Vor etwas mehr als hundert Jahren begann die Geschichte des Erentrudishofes. Ein Brand hatte die Landwirtschaft, die das Stift Nonnberg in Salzburg Nonntal betrieb, zerstört. Äbtissin Anna Scherer betraute daraufhin den Architekten Karl Pirich mit der Aufgabe, im Stadtteil Morzg einen neuen Wirtschaftshof zu bauen. Der in Salzburg geborene Pirich arbeitete für den bekannten Architekten und Baumeister Jakob Ceconi. Er hatte in Wien bei Otto Wagner an der "Akademie der Bildenden Künste" studiert. Nun stand er also vor der architektonischen Aufgabe, seinen ersten Hof zu entwerfen.
Geprägt vom Jugendstil
Als ehemaliger Schüler des weltbekannten Wiener Jugendstilarchitekten Otto Wagner war Karl Pirich von der Formensprache des Jugendstils geprägt. Beim Erentrudishof trennte er das Wohngebäude, „Meierhaus“, von Stallungen und Wirtschaftsgebäude und entwarf ein eigenständiges Wohnhaus mit weithin sichtbaren Jugendstilelementen. Aber er ließ auch typische Elemente regionaler bäuerlicher Architektur einfließen. Zwischen Schloss Freisaal und Schloss Hellbrunn wurde nach seinen Plänen 1906-1908 der Erentrudishof als „Jugendstil-Hof“ erbaut. Heute ist das gesamte Gebäudeensemble denkmalgeschützt.
Fassadenrekonstruktion nach einem Brand
1972 brannte ein Teil des Wirtschaftsgebäudes aus. Beim Wiederaufbau wurde die Fassade weitgehend originalgetreu wieder hergestellt. Die Herausforderung, ein denkmalgeschütztes Gebäude zu erhalten und dennoch zeitgemäße Landwirtschaft zu betreiben, löste man durch kleinere Umbauten – so wurde auch der artgerechte Laufstall für die Rinder möglich.
Milchholen bei den Schwestern
Noch heute erinnern sich so manche Stammkunden an die Zeit, als Nonnberger Schwestern auf dem Erentrudishof lebten. Nach dem Melken konnte man sich zum Milchkaufen anstellen und bekam frische Rohmilch im Wohnhaus mit einem Schöpfer in das mitgebrachte Gefäß abgefüllt. Butter, Joghurt, Topfen wurden von den Schwestern selbst hergestellt und ab Hof verkauft. Im Volksmund ist der Erentrudishof bis heute auch als „Nonnberger Hof“ bekannt.
Ein erster Hofladen im „Pferdestall“
Die Beliebtheit der eigenen Produkte führte dazu, dass der Pferdestall zum Hofladen umgebaut wurde.
Durch das wachsende Interesse der Kunden an heimischen Bioprodukten wurden Erzeugnisse von umliegenden Bauern angekauft und ebenso im Hofladen angeboten.
Rückblickend gesehen
Als die letzten Schwestern ganz auf den Nonnberg zurückkehrten, entschied man sich, den Hofladen dauerhaft zu verpachten.
Die vielen Stammkunden, die heute ihre Bio-Heumilch aus dem allzeit bereiten Milchautomaten holen und ihren Einkauf gerne im Bio-Hofladen fortsetzen, sind ein wichtiger Ansporn, täglich für vollwertige Lebensmittel zu sorgen.